Pikler-Aus- und Weiterbildung

Pikler Kleinkindpädagogik

Beziehung auf Augenhöhe – von Anfang an.

Was neueste Studien belegen, hat die ungarische Kinderärztin Emmi Pikler bereits in den 1930er Jahren erkannt: Wir können mit einem Säugling von Geburt an kommunizieren. Diese Tatsache lenkt die Aufmerksamkeit zunehmend auf die Säuglings- und Kleinkindpädagogik als wichtige Voraussetzung zur Persönlichkeitsentwicklung.

Die Arbeit Emmi Piklers zeichnet sich durch eine ebenso einfache, wie wirksame Herangehensweise aus. Sie beruht im Wesentlichen auf Autonomieentwicklung und Beziehungsqualität. Die Aufgaben der erwachsenen Bezugsperson sind dabei: Raum-Geben, Vertrauen-Schaffen, Bereitschaft-Zeigen,  Beobachten und Führen.

Ein Kleinkind, das nach diesen Grundsätzen aufwachsen kann, hat gute Voraussetzungen für ein positives Körper- und Gesundheitsbewusstsein, für Beziehungs- und Teamfähigkeit, Autonomie und Selbstverantwortung – kurz: gute Startbedingungen für eine reife Persönlichkeitsentwicklung.

 

Die vier Säulen der Pikler®-Kleinkindpädagogik

Die autonome Aktivität des Kindes: freie Spiel- und Bewegungsentwicklung:

Selbstständige Bewegungsentwicklung bedeutet, dass die Erwachsenen eine anregende Umgebung schaffen, die den Entwicklungsbedürfnissen der Kinder entspricht. Jedes Kind kann so in seinem eigenen Rhythmus seine Fähigkeiten erproben und entwickeln.
Der Erwachsene interressiert sich für die selbst initiierten Aktivitäten der Kinder und erfreut sich mit ihnen über ihre individuellen Erfahrungen.

Frei zu spielen ist ein elementares Bedürfnis des Kindes. Im freien Spiel lernt das Kind das Lernen, es entwickelt Geschicklichkeit und Ausdauer, entfaltet seine kognitiven und regulatorischen Fähigkeiten, es erfährt und vermehrt seine Kompetenzen auf natürliche Weise.

Jedes gesunde Kleinkind besitzt die Fähigkeit zur selbstständigen motorischen Entwicklung. Dafür braucht es: den (Frei)Raum, die Gelegenheit und die „Erlaubnis“ dazu, sowie Erwachsene, die an seinen Erkundungen wohlwollend und interessiert Anteil nehmen.

die erste Höhe selbständig bewältigen

die erste Höhe selbständig bewältigen

Lesen Sie mehr darüber in: „Lasst mir Zeit“

 

Anerkennung der Selbstbildungskräfte: situative Bildung im Alltag des Kindes

Durch sorgfältiges Beobachten können wir die jeweiligen Bedürfnisse, Abneigungen und Interessen der Kinder erkennen. So sind wir in der Lage, die Entwicklung der Kinder in ihrem individuellen Tempo und durch eine wohlüberlegt vorbereitete Umgebung zu fördern.
In diesem Rahmen kann das Kind selbst entdecken, wie die Dinge funktionieren, Zusammenhänge erkennen und eigene Lösungsansätze für selbst gestellte Fragen finden. Dies stärkt sein Selbstvertrauen und sein Kompetenzgefühl.

Geleitet von den Interessen der Kinder und den Fragen, die sich in ihrer Lebenswelt ergeben, erweitern wir ihr Wissen durch unser eigenes Wissen und unsere Erfahrungen, indem wir mit ihnen über ihre Fragen und Entdeckungen sprechen.

Von frühester Zeit an ist es dem Säugling möglich, sich für eine Beschäftigung zu entscheiden und befriedigend „schöpferisch“ tätig zu sein. Dazu braucht er vor allem Zeit, Ruhe und geeignete Materialien.

„Wesentlich ist, dass das Kind möglichst viele Dinge selbst entdeckt. Wenn wir ihm bei der Lösung der Aufgaben behilflich sind, berauben wir es gerade dessen, was für seine geistige Entwicklung am wichtigsten ist. Ein Kind, das durch selbständige Experimente etwas erreicht, erwirbt ein ganz andersartiges Wissen als eines, dem die Lösung fertig geboten wird.“
Emmi Pikler

im Spiel die Balance finden

im Spiel die Balance finden

Lesen Sie mehr darüber in: „Von den Anfängen des freien Spiels“

 

Beziehungsvolle Pflege- und Fürsorgemomente

Die Beziehung zum Erwachsenen ist für kleine Kinder von zentraler Bedeutung. Daher ist es wichtig, diese Beziehung behutsam aufzubauen und zu festigen. Dies erreichen wir, indem der Erwachsene alltägliche Pflegehandlungen wie An- und Ausziehen, Windelwechseln und Essenszeiten bewusst gestaltet und ihnen ausreichend Zeit und individuelle Aufmerksamkeit widmet. Auch in kleinen Pflegesituationen während des freien Spiels, wie beim Hände waschen oder Nase putzen, entstehen so Momente echter Begegnung. Das Kind erfährt, dass seine Bedürfnisse verlässlich befriedigt werden und für sein Wohlbefinden gesorgt wird.

Darüber hinaus erleben die Kinder in diesen Beziehungssituationen, dass ihr Streben nach Autonomie, eigenständigem Handeln und Kooperation anerkannt und gefördert wird. Ihre Freude, mitzuwirken und das Miteinander zu gestalten, mitunter auch durch ein schelmisches Spiel, findet Raum und Zeit und vertieft die Beziehung zum Erwachsenen.

Das Kind erlebt: „Es ist eine Freude, mit mir zusammen zu sein.“

Auch während seines freien Spiels fühlt sich das Kind in der Beziehung zum Erwachsenen geborgen, da wir uns für sein Spiel interessieren. Wir sind wach für die Momente, in denen es sich mitteilen möchte.

Die Pflege bietet eine ausgezeichnete Gelegenheit, dem Säugling Geborgenheit und Vertrauen zu vermitteln: Die interessierte Anteilnahme und das Zutrauen in seine Fähigkeiten während den Pflegehandlungen sind eine wichtige Basis für seine spätere soziale Kompetenz. Die dadurch entstehende emotionale Sicherheit bietet die Grundlage für seine Eigeninitiative und selbständige Aktivität.

"jetzt ist die Stulpe auf deinem Fuß"

Danke, dass du mir deinen Fuß gibst, so kann ich dir die Stulpe gut anziehen, du schaust aufmerksam zu!

Lesen Sie mehr darüber in: „Miteinander vertraut werden“

 

Friedliche, geduldige und klare Führung beim sozialen Lernen:

Im Dialog mit dem Kind ermöglicht der Erwachsene durch eine klare Vermittlung seiner Erwartungen und im Vertrauen auf die Kooperationsbereitschaft der Kinder, dass diese freiwillig der Führung des Erwachsenen folgen. Durch Zeit und Geduld kann sich das soziale Lernen Schritt für Schritt und ohne heftige Konflikte entwickeln.

„Der Erwachsene führt das Kind in die Gesellschaft ein und das Kind fügt sich ein.“ 

Peggy Zeitler

Das soziale Lernen ist ein gleichwürdiger Dialogprozess. Der Erwachsene führt diesen Prozess und reguliert, wenn nötig, die Emotionen des Kindes. Durch unser Verständnis für die Bedeutung einer persönlichen, geduldigen und klaren Führung beim sozialen Lernen sind wir bemüht, den Kindern hilfreiche Orientierung für unsere Erwartungen zu geben.

Dabei unterstützt uns das Vertrauen in ihre Kooperationsbereitschaft. Eine transparente Tagesstruktur und begleitete Übergangssituationen unterstützen diese Bereitschaft der Kinder ebenfalls und geben ihnen Orientierung im alltäglichen Geschehen.

Die stabile und verlässliche Beziehung zum Erwachsenen, die den Kindern Sicherheit gibt, ist eine Grundlage dafür, dass sie unseren Erwartungen freiwillig folgen können, wenn wir ihnen Zeit dafür geben. So ermöglichen wir auch, dass sie sich sozial kompetent erleben.

„In Frieden mit sich selbst, friedlich mit anderen“
Éva Kálló

Lesen Sie mehr darüber in: „Ich, Du und Wir. Frühes soziales Lernen in Familie und Krippe“ von Anna Tardos und Anja Werner